Vielen Dank an meine beide Reviewer Eleonora und Naru Taru *knuddl*, hab mich mega gefreut, dass diese Fic nicht nur meiner Deutschlehrerin gefällt!

Hier also der Rest von „TI"...

Viel Spaß!

**~~ Tödliche Intoleranz ~~**

Und diese Elfe sollte uns viele Jahre später einigen Ärger einbringen...

Ich war auf dem Weg vom Elfenteich zurück zu unserem Elfendorf Byakumi, das von jenem ungefähr fünfhundert Meter entfernt lag. Ich hatte soeben eine schockierende Entdeckung gemacht: Das stets im Sonnenlicht glitzernde, blaugrüne Wasser unseres Teiches hatte sich in eine zähe, dreckgrüne Flüssigkeit verwandelt. Große,  moosbedeckte Metallfässer mit fehlendem Deckel säumten das Ufer. Die Schilfrohrgräser waren abgeknickt und alle Blumen lagen leblos auf dem plattgetretenen Boden herum. Was war hier passiert?

Ich begann schon zu rufen, bevor ich das Dorf erreicht hatte, und als ich am Dorftor ankam, warteten bereits eine Menge Leute dort.

„Was ist denn geschehen, Chikaza?", fragte meine kleine Schwester Momoko und lief auf mich zu. Schwer atmend stoppte ich vor der Masse.

„Wir müssen... eine Versammlung einberufen... Möglichst jeder soll... kommen...", keuchte ich, „... Unser Elfenteich..."

Der Bürgermeister war auch erschienen und ergriff nun das Wort: „Es scheint sehr wichtig zu sein, was Shimis Sohn zu sagen hat. Alle Anwesenden informieren unverzüglich alle, die gerade hier nicht anwesend sind. Wir treffen uns in einer Viertelstunde in der Gemeindehalle."

Die Versammlung, die ich gefordert hatte, wurde sofort einberufen, und ich kam sofort zur Sache. Nachdem ich meine Erklärungen beendet hatte, schaute ich in lauter ratlose Gesichter. Eine Elfe machte den Vorschlag, dass wir einen Suchtrupp zusammenstellen und die Chemikalienspur einfach erst mal zurückverfolgen sollten. Diese Idee bot sich an und war ziemlich ungefährlich. Der Gemeinderat stimmte dem bei, und da ich diese Umweltsünde entdeckt hatte, durfte ich der Anführer des Suchtrupps sein. Ich war ja schon siebzehn Jahre alt und damit alt genug.

Mein Team durfte ich selbst zusammenstellen, und deshalb nahm ich natürlich meine zwei Kumpels mit. Kaoro, einer meiner beiden Freunde, genauer gesagt, mein Freund, hatte den Einfall, dass sich ja ganz in unserer Nähe, nur etwa drei Kilometer vom Dorf entfernt, eine Chemiefabrik befand. Daher führte uns unser Weg zuallererst dorthin.

Die Chemiefabrik lag zwar nicht direkt im Wald, aber doch fernab der nächsten, von Menschen besiedelten Stadt; man konnte also gut in der Gegend herumbrüllen, ohne dass sich jemand darüber beschwert hätte. Meine Freunde und ich klingelten an der gigantischen Eingangstür der Fabrik. Es dauerte eine Weile, bis jemand öffnete, aber schließlich bewegte sich das schwere Tor doch noch.

„Wer seid ­ihr denn? Was wollt ihr?", wurden wir sofort von einem großgewachsenen, schlanken Mann, Mitte vierzig, bebrillt, angeschnauzt.

Mutig machte ich einen Schritt nach vorn und log: „Wir sind von Greanpeace. Sind Sie der Leiter dieser Fabrik? Leiten Sie die Chemieabfälle in den kleinen Teich in dem Wäldchen nicht weit von hier?"

Der Mann kam mit großen Schritten auf mich zu und blieb sehr nah vor mir stehen. Er reckte den Kopf, sodass sein Hals unter seinem Trenchcoat zum Vorschein kam, und beäugte mich von oben durch seine Minibrille. Ich versuchte, möglichst entspannt zu wirken, doch plötzlich entdeckte ich etwas an dem Hals des Mannes – ein seltsamer, schwarzer Fleck. Es sah auf den ersten Blick aus, wie ein gewöhnlicher Leberfleck, aber er hatte so eine gleichmäßige Farbe...

„Ich bin der Geschäftsführer, aber es geht euch gar nichts an, ob ich irgendwelchen Müll in eure dummen Teiche leite oder nicht!", fuhr der Herr uns an, machte auf dem Absatz kehrt, verschwand im Gebäude und knallte die Pforte hinter sich zu, so weit das mit einem schweren Objekt eben ging.

„Das war ja wohl nichts", meinte Kaoro, als wir auf dem Nachhauseweg waren, „Was sollen wir jetzt tun?"

„Ich weiß es nicht...", sagte ich, was nicht ganz stimmte. Ich erwähnte nicht, dass mir das Muttermal auf dem Hals des Chemiefabrikbesitzertypen komisch vorgekommen war. Niemand meiner Kumpels erwähnte es, also tat ich es auch nicht.

„Ich finde, wir sollten Kaoros Mutter den Heiltrank brauen lassen und den dann alle vier Wochen in den Teich kippen", äußerte Tsunan, „Ich hab keinen Bock darauf, dass der Typ noch unser Elfendorf entdeckt. Dann haben wir nämlich ein echtes Problem."

Weder ich noch Kaoro sagte etwas dazu, sondern gingen stumm unseren Weg.

Im Byakumi-Gemeindehaus, wo die Dorfbewohner auf unsere Rückkehr gewartet  hatten, verkündeten wir, dass unser Einsatz erfolglos gewesen sei. Tsunan erklärte, was passiert war, was nicht wirklich Begeisterungsstürme auslöste. Allerdings hielten auch die Erwachsenen es für das Beste, erst einmal nichts weiter zu unternehmen. Kaoros Mutter verließ das Gemeindehaus als erste, weil sie so schnell wie möglich einen Heiltrank für unsere Elfenteich mischen wollte.

Für uns alle, auch für Tsunan und Kaoro, war das Thema Chemieabfälle erst einmal gegessen. Ich jedoch beschäftigte mich weiterhin damit und beschloss, mich alleine darum zu kümmern, und so stand ich ein paar Tage später versteckt hinter der riesigen Katzenstatue neben dem Fabrikeingang. Ich konnte ein Gespräch mit anhören, wagte es aber nicht, um die Ecke zu schauen. Wer weiß, wie viele Leute da vor dem Eingang standen, die stumm blieben, und irgendjemand würde mich vielleicht bemerken.

„Ich hab dir gesagt, du sollst den ganzen Dreck in dieses Loch in dem Wald umleiten, und was machst du? Nichts machst du! Kümmer dich darum, dass sich das ändert, verstanden? Und morgen Abend im ‚Birdcage', sonst werde ich Charlotte erzählen, dass du mich verführt hast!" Das war eindeutig die Stimme von diesem ominösen Geschäftsführer!

„Aber ich will Charlie nicht hintergehen!", schrie eine weibliche, mir unbekannte Stimme voller Verzweiflung.

„Du tust gefälligst, was ich sage! Und nenn sie nicht Charlie, dreckige Lesbe!" Ich hörte einen Klatsch. Der Mann hatte die Frau anscheinend geschlagen. Sie fing zu weinen an.

Urplötzlich verdunkelte sich der Himmel. Ich trat leise ein paar Schritte zurück und starrte nach oben. Vor Entsetzen begann mein Luftzeichen zu jucken. Ich spürte, dass der finstere Himmel von einer Dunklen Kraft ganz in der Nähe ausgelöst worden war. Was war hier los?

Ein Gewitter nahm seinen Lauf. Blitze zuckten durch den Himmel und Donner rollte und es begann zu regnen.

„Bis morgen Abend, du dummes Weib!", rief der Mann, der sich scheinbar schon in Bewegung gesetzt hatte, denn die Stimme war – mit der von eben verglichen – recht leise. Ich hörte sich entfernende Schritte, dann einen Plumps, als hätte jemand etwas Schweres fallen gelassen. Ohne weiter über meine Aktion nachzudenken, stürmte ich hinter der Statue hervor und sah gleich die junge Frau vor dem Eingang auf dem Boden knien. Sie verdeckte ihr Gesicht mit den Händen. Ich beugte mich zu ihr herunter und tätschelte ihre Schulter. Sie fuhr noch mehr zusammen. Ich versuchte, sie zu beruhigen und redete so lange auf sie ein, bis ich sie nach endloser Überzeugungsarbeit so weit hatte, dass sie mir alles erzählen wollte. Wir hatten uns inzwischen auf die Treppe vor dem überdachten Eingang gesetzt.

„Also..., ich heiße Mary und arbeite eigentlich als Au-Pair-Mädchen bei Familie Lindner, aber Herr Lindner, der Typ, der mich eben so niedergemacht hat, benutzt mich für seine Arbeiten in der Fabrik. Charlie weiß nichts da—"

„Wer ist Charlie?", unterbrach ich die junge Frau.

„Charlie ist Charlotte, Herr Lindners Tochter. Sie ist meine Freundin, meine richtige. Ich hab eine Beziehung mit ihr. Herrn Lindner passt das nicht und zeigt mir das auch, aber wenn Charlie dabei ist, tut er so, als würde er das absolut tolerieren. Er versucht, unsere Beziehung zu zerstören, indem er mich erpresst. Ich muss mich jeden Donnerstag mit ihm in einem Hotel treffen und dann..." Sie begann wieder weinen.

Ich klopfte ihr sanft auf den Rücken und sagte: „Ich kann mir vorstellen, dass das schlimm ist. Ich hab auch einen Freund." Ich führte den Satz nicht weiter fort; Mary konnte sich ja denken, was ich meinte.

Sie sprach tapfer weiter: „Wenn ich ihm nicht gehorche und die Chemikalien nicht in diesen Teich leite – keine Ahnung, warum er das will –, wird er Charlie weismachen, dass ich Herrn Lindner verführt hätte! – Ich hab mich nicht getraut, es ihr zu sagen, was für ein Schwein ihr Vater ist; ich meine, vielleicht glaubt sie mir nicht! – Herr Lindner ist überhaupt total seltsam... Vorhin, als er so sauer war, wurde plötzlich der Himmel ganz dunkel und dieses pechschwarze Muttermal an seinem Hals begann zu leuchten..."

Ich blinzelte. Einen Moment mal. Das Muttermal hatte geleuchtet? Diese kleine, verkokelte Frikadelle hatte geleuchtet?! Ein leiser Verdacht kam in mir auf...

„Aber merkwürdigerweise fängt ein Gewitter immer gerade dann an, wenn er so richtig sauer ist...",  sprach Mary weiter, ohne zu bemerken, dass ich geistig gerade gar nicht mehr so richtig anwesend war. War Herr Lindner womöglich die Elfe, die damals vor ungefähr fünfzig Jahren von unserem Clan wegen seines Schattenzeichens verstoßen worden war?

„Mary... hat Herr Lindner dieses Mal an der rechten Halsseite?", fragte ich und versuchte, möglichst neutral zu klingen. Meine Gedanken sprudelten nur so vor lauter neuen Ideen: Die Elfen, die das Kind damals abtransportiert hatten, hatten unter Umständen vergessen, seine Erinnerungen zu löschen! Da Elfen so gute Gedächtnisse haben, konnte sich Herr Lindner wahrscheinlich noch daran erinnern, dass er ursprünglich woanders aufgewachsen war und wollte sich nach so vielen Jahren noch für seine Verstoßung aus dem Clan an uns rächen! Außerdem hatte ich vorhin bei dem Gewitter gespürt, dass da eine Dunkle Kraft ihre Finger im Spiel hat; wie groß war also die Wahrscheinlichkeit, dass Herr Lindner diese Elfe nicht war?

„Also, dieses Teil hab ich schon so oft gesehen, das ist einhundertprozentig da!", antwortete Mary mit glaubhafter Sicherheit.

Ich war hin- und hergerissen: Konnte ich Mary vertrauen und ihr die ganze Geschichte und was ich vermutete, erzählen? Überdies empfand ich starkes Mitleid für sie. Eine feste Beziehung zu haben, aber gezwungen zu werden, mit einem Mann... dieser Gedanke schüttelte mich. Das wäre das gleiche in Grün, wenn ich mich mit einer Frau einlassen müsste, um meine Beziehung mit Ka-chan nicht zu gefährden.

Ich entschied mich schließlich für die Möglichkeit, die sich in meinem Kopf sowieso schon durchgesetzt hatte. Ich erzählte Mary alles, von A bis Z, und was ich zu diesem Zeitpunkt dachte.

Nachdem ich meine Ausführungen beendete hatte, stand der jungen Frau der Mund vor Überraschung offen, was ja durchaus verständlich war. Dann kamen wir überein, dass wir Charlotte alles erzählen wollten; und das möglichst noch, bevor Mary Herrn Lindner am Donnerstagabend, also morgen Abend, in diesem Vogelkäfig-Hotel treffen müsste.

Wir verabschiedeten uns voneinander und machten den Termin für sieben Uhr morgens aus. Das war die Zeit, in der Charlotte wegen ihres Studiums das prunkvolle Lindner-Anwesen mit ihrem Auto verlassen musste. Wir würden uns hinter dem Haus bei der Garage verstecken, sodass Herr Lindner, falls er schon wach sein sollte, uns nicht sehen konnte.

Zufrienden damit, etwas Gutes getan zu haben, machte ich mich auf den Weg zurück nach Byakumi, bevor Mama Shimi sich Sorgen machen würde.

Am nächsten Morgen – es war gerade halb sieben – machte ich mich auf den Weg zu dem Anwesen, das etwas außerhalb der Stadt lag. Mary hatte mir den Weg gestern mitgeteilt und ich hatte gesagt, ich würde mich mit der Kraft des Luftzeichens in Wind verwandeln, um schneller dort zu sein, was ich auch tat. Ich wusste nicht, ob Mary Charlotte über irgendetwas, was gestern vorgefallen war, informiert hatte, aber das war im Grunde genommen egal; Charlotte würde ohnehin alles in den nächsten Stunden erfahren.

Als ich an dem gewaltigen Haus ankam, das ungefähr die Maße der Lindnerschen Chemiefabrik hatte – vielleicht übertreibe ich etwas –,  suchte ich nach der Garage, wo Mary auch schon wartete. Ich verwandelte mich zurück in meine Elfenerscheinungsbild und wünschte Mary einen „Guten Morgen". Sie sagte, sie sei unglaublich aufgeregt, aber ich beruhigte sie, indem ich sagte, dass wir das schon schaukeln würden.

Um Punkt sieben Uhr bog Charlotte um die Ecke und erschrak, als sie ihre Freundin und einen Unbekannten dort so still und leise stehen sah. Nun würde ein schwieriger Teil unseres „Plans" beginnen, wenn man das so nennen konnte. Im Flüsterton erklärte Mary, dass sie und ich Charlie dringend und auf der Stelle sprechen müssten und dass Herr Lindner nichts davon mitkriegen dürfe. Die leicht verwirrte Charlotte meinte, wenn es etwas so Wichtiges war, dass es ihr Vater nicht hören dürfe, müsste sie erst einmal das Auto herausfahren, damit alles so wirkt wie sonst jeden Tag auch. Nachdem sie das Auto aus der Garage gefahren hatte, sollten wir einsteigen. Mary setzte sich auf den Beifahrersitz und ich ließ mich auf einem Rücksitz nieder. Herr Lindners Tochter fuhr los und hielt nach etwa fünf Minuten auf dem Parkplatz am Eingang eines Parks.

„Was habt ihr mir denn so Unaufschiebbares zu verklickern?", fragte sie neugierig.

Wir tasteten uns verbal so vorsichtig wie möglich an die einzelnen Punkte heran, sodass Charlotte am Ende unserer Erklärungen erkennen konnte: „Mein Dad ist ein Schwein." Die Kinnlade der Studentin fiel nach jedem neuen Punkt um zirka zwei weitere Zentimeter in Richtung Boden.

„Das hat er dir angetan, Mähnchen?", fragte Charlotte entgeistert, als wir endlich fertig waren. Sie nahm ihre Freundin in den Arm und drückte sie fest an sich. „Wir müssen etwas unternehmen, und zwar noch heute!", stellte Charlotte fest, „Wenn wir Dad anzeigen, musst du den ganzen Kram auf der Polizei und bei Gericht, also mindestens zweimal, aussagen. Ich weiß nicht, ob wir ihn wegen Umweltverschmutzung auch anzeigen können, Chikaza, aber wenn nicht, wird die Chemiefabrik weiterhin existieren! Solange Vater nicht tot ist, kann er mir die Fabrik nicht einfach so überlassen, denn im Testament seines Vaters steht, dass die Fabrik nur als Erbe weitergegeben werden darf!"

„Das hieße also..." Ich stockte.

„Ja, genau, wir müssen Dad umbringen", führte Charlotte meinen Satz fort, als hätte sie meine Gedanken gelesen, „Und ich glaube, mittlerweile hab ich gar nicht mehr so viel dagegen..."

Der nächste Schritt in unserem Plan bestand also nun darin, Herrn Lindner umzubringen. Charlotte versäumte ihren Unterricht und verbrachte stattdessen den ganzen Vormittag mit uns im Auto vor dem Park, und wir schmiedeten einen wasser- und feuerfesten Plan zusammen...

Weil ich ja eigentlich nur indirekt etwas mit der Sache zu tun hatte, durfte ich in dem Plan nicht in Erscheinung treten, sondern lediglich Charlotte, da sie die einzige Person war, der Herr Lindner vertraute. Alles musste ab jetzt funktionieren.

Etappe Eins startete mit der Rückkehr nach Hause um kurz nach zwei Uhr mittags. Um diese Uhrzeit kam Charlotte normalerweise von ihrem Studiumsunterricht zurück, um daheim zu Mittag zu essen. Herr Lindner war stets zuhause präsent, denn er fuhr nur zu seiner Fabrik, wenn Probleme auftraten.

Zuhause am Mittagstisch erzählte Charlotte ihrem Vater, sie würde neuerdings an der Universität von irgendjemandem verfolgt und sie hätte furchtbare Angst. Sie bat ihren Vater um eine Pistole, die sie für den Fall der Fälle dabei haben konnte. Etappe Eins ging somit auf, und am Nachmittag fuhren die beiden in ein Waffengeschäft. Charlotte war früher einmal im Schützenverein gewesen und besaß schon einen Waffenschein, was natürlich optimalin  unseren Plan passte.

Etappe Zwei: Im Geschäft behielt Charlotte ihre Handschuhe an und behauptete, ihr sei kalt und sie habe das Gefühl, sich bei einem Mitschüler mit einer Grippe angesteckt zu haben. Sie nieste und hustete immer wieder, um ihrer Aussage mehr Ausdruck zu verleihen.

Die beiden hatten sich schnell auf eine Pistole geeinigt. Herr Lindner bezahlte bereitwillig, und sie verließen den Laden wieder.

Zurück in dem großen Anwesen begann Phase Drei: Charlotte merkte beim Betreten des Hauses ein paar Mal an, wie toll die Waffe doch in der Hand läge, und brachte Herrn Lindner so dazu, es auch einmal auszuprobieren. Die Pistole war zwar geladen, jedoch nicht entsichert, daher traute sich Herr Lindner auch, die Waffe etwas gröber anzufassen, so verteilten sich die Fingerabdrücke von Herrn Lindner über alle Partien der Waffe.

Die vierte und letzte Phase fing nun an: Einige Stunden später war Herr Lindner gerade dabei, sich für die Verabredung mit Mary schick zu machen, von der Charlotte angeblich nichts wusste. Er stand im Flur des Erdgeschosses vor dem großen Spiegel und begutachtete sich mit einem selbstzufriedenen Grinsen auf dem Gesicht. Charlotte kam die teure Mahagoni-Treppe heruntergeschlichen, die Pistole entsichert in der verhandschuhten Hand. Sie blieb auf einer der oberen Stufen stehen, sodass ihr Vater sie nicht im Spiegel sehen konnte. Dann drückte sie fünf Mal schnell hintereinander ab, schoss ihrem Dad damit dreimal in den Kopf und zweimal in den mittleren Rücken. Herr Lindner sank sofort in sich zusammen. Blut schien auf einmal von überall her zu spritzen. Charlotte stieß einen gefälschten, aber verdammt echten Schrei aus, lief dann schnell die letzten Stufen hinunter und legte die Waffe auf eine Stelle des Fußbodens, die nicht schon mit Blut verschmiert war. Aber ein bisschen Blut sollte doch vielleicht dran sein, sonst würde es möglicherweise nicht real wirken. Daraufhin hängte sie ihre Handschuhe an die Garderobe, lief aus dem Haus und brüllte, ihr Vater habe sich umgebracht. Sie schrie es immer wieder, und irgendein Nachbar verständigte wohl die Polizei, denn die traf zirka zehn Minuten später am Ort des Geschehens ein.

Charlotte erklärte später auf der Polizeiwache, was passiert war; natürlich in ihrer ganz eigenen Version: Wozu sie die die Pistole überhaupt brauchte, und dass sie sie auf dem Küchentisch liegen gelassen hätte, aber nicht hätte ahnen können, was der erste Einsatz der Waffe sein würde.

Da die Familie Lindner nach Aussagen der Nachbarn stets freundlich und zuvorkommend gewesen wäre und es nie Krach im Haus gegeben hätte, würde Charlotte unmöglich der Täter sein können. Es war wohl Selbstmord; alles sprach dafür, auch die Aussagen der Chemifabrik-Angestellten von Herrn Lindner, denn jener wäre in der letzten Zeit etwas mürrisch gelaunt gewesen und nichts war so gelaufen, wie es hätte laufen sollen. Herr Lindner hatte demnach also Selbstmord begangen. Aber warum hatte er noch so ein Aufhebens um sein Aussehen gemacht? Zu diesem Punkt wurde Charlotte ebenfalls befragt, worauf sie unter Tränen antwortete:

„Dad wollte bei besonderen Anlässen immer gut gekleidet sein..."

Charlottes Vater hatte bereits vor einiger Zeit sein Testament geschrieben und vermachte in diesem seiner Tochter die Fabrik. Das Mädchen ließ sie so schnell wie möglich abreißen und entließ die Angestellten, was aber nicht weiter auffällig war, denn Charlotte hatte die Fabrik schon seit sie ein kleines Kind gewesen war nicht gemocht. Es kam zu keinem Prozess gegen sie, denn sie hatte schlicht und einfach kein Motiv, denn niemand wusste, dass Charlotte eine Beziehung zu einem Mädchen hatte und ihr Vater dagegen gewesen war. Das wäre das einzig Belastende in einem Gerichtsverfahren gewesen.

Nach der Beisetzung ihres Vaters bewohnte Charlotte das geerbte Anwesen, und einige Monate später zog Mary dort ein, weil Charlotte sich angeblich einsam fühlte – das war auch wirklich der Fall. Man musste ja in seinem Handeln stets sehr überlegt sein.

Der Elfenteich war nun auch wieder sauber, aber wie ich das geschafft hatte und dass das juristisch gesehen Beihilfe zum Mord war, das erzählte ich außer Ka-chan niemandem. Wenn mich jemand danach fragte, sagte ich nur:

„Manchmal können Dunkle Kräfte zwei Leute für ein Leben lang zusammenschweißen..."

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Und, hat sie euch gefallen? Ich hab die fic auch in meiner Klasser während des Unterrichts vorgelesen, und meine Klasse fand, dass man Selbstmord nicht so begeht, indem man sich in den rücken schießt... Was meint ihr dazu?

Thanx for reading!