4. Kapitel

Die beiden jungen Männer umarmten sich lachend und gingen dann von dem Wagen weg, aus dem die fünf Mädchen gerade gestiegen waren. „Ismail, es ist gut, dich endlich wieder zu sehen.", sagte der andere.

Der Hauptmann grinste. „Die Freude ist ganz auf meiner Seite, Marek. Wie geht es unserer Schwester?"

Marek grinste zurück. „So gut wie schon lange nicht mehr. Sie hat sich von dem Kriegtreiben erholt, jedenfalls sieht sie nun nicht mehr so erschöpft aus. Und sie isst auch wieder mehr."

„Es freut mich dies zu hören. Ich werde nachher noch ein Wort mit ihr sprechen."

„Das würde ich gleich machen. Heute ist ein Fest zu Ehren der karanischen Mädchen."

Ismail sah ihn staunend an. „Ein Fest ihnen zu Ehren? Warum im Namen der Götter denn das?"

„Sie sind königlichen Blutes und haben alle Ehre verdient. Können sie denn etwas für die Fehler ihrer Eltern?", ermahnte Marek ihn.

„Trotzdem.", murmelte er. „Außerdem sind sie nicht allen königlichen Blutes.", meinte er dann.

Sein Bruder lachte. „Sollte man Fräulein Greyhawk denn ausschließen?"

Ismail seufzte und es war nicht wegen dem Spott seines Bruders. Das merkte auch der und sah ihn komisch an. Aber er sagte nichts.

* * *

Ich hatte noch nie solche Pracht in diesem Übermaß gesehen. Die Wände waren mit exklusiven Wandteppichen behangen, der Boden mit vielen bunten Steinen gefliest, so dass sie verwirrende Muster ergaben: Die Buchstaben der yundalischen Sprache. Anscheinend war hier irgendeine Geschichte angefertigt worden. Ich konnte nur staunen. So etwas scheinbar Aufwändiges hatte ich noch nie gesehen. Auch die Decken, die freien Stücke der Wände, die Fenster und die Türen waren sehr verziert.

Aber ich sah nirgendwo in den Fluren Metalle wie Gold, Silber oder auch Bronze und Eisen. Es schien alles aus Stein und Holz zu sein. So eine merkwürdige Bauweise hatte ich noch nie gesehen. Auch die anderen vier sahen sich staunend und tuschelnd um und ich hörte, wie die Fünflinge leise miteinander sprachen und kicherten, während sie uns betrachteten. Wir mussten ihnen wirklich komisch vorkommen.

Dann kamen wir an eine Kreuzung, wo wir aufgeteilt wurden. Abigail und ihre Schwestern gingen mit drei Mädchen in die eine Richtung, Melanie und ein Mädchen in die entgegengesetzte und ich und das letzte Mädchen den dritten Flur geradeaus. Auf einmal sank meine Hoffnung und ich fühlte mich ganz alleine. Ich blieb kurz stehen, über meine Schulter schauend, und das Mädchen wandte sich um.

„Komm weiter, Ev'liin."

„Evelyn", berichtigte ich sie automatisch.

„Komm", sagte sie und ich hörte, wie sie meinen Namen den Weg weiter ausprobierte, bis es halbwegs richtig klang.

Wir kamen an eine einfache Holztür, die von einer davor stehenden Dienerin geöffnet wurde, und das Mädchen führte mich in ein hübsches Zimmer. Es war sehr groß. Ich ging sofort ans Fenster und wunderte mich, wie hoch oben wir über dem Fuß des Palastes und der Stadt waren. So viele Treppen waren wir doch gar nicht hochgegangen?

Mein Koffer wurde abgestellt und die Dienerin und der Mann gingen und schlossen die Tür hinter uns. Sie kam zu mir. „Schön, nicht?", fragte sie, bemüht ein belangloses Thema zu finden.

„Ja", sagte ich einfach.

„Mein Name ist Irina. Wir werden uns dieses Zimmer teilen, solange wie du hier bist."

„Darf ich fragen, welche Verwandte wievielten Grades der Kaiserin du bist?"

„Sie ist meine Schwester." Hatten sie wirklich eine so junge Regentin hier? Ich verwünschte mich, dass ich nie aufgepasst hatte, wenn irgendjemand über die politischen Belange dieses Landes gesprochen hatte. Bestimmt hatten sie auch mal etwas über die Kaiserin gesagt.

Irina sah mich komisch an. Dann wandte sie sich den wirklich wichtigen Dingen zu. Sie zeigte auf ein Bett, dass neben dem Himmelbett kläglich wirkte, daneben stand ein kleiner Schrank. „Du wirst hier schlafen. Deine Sachen kannst du dort hineinlegen." Ich nickte und wuchtete den Koffer auf das Bett.

Dann wollte ich ihn öffnen und mir ein anderes Kleid heraussuchen. Plötzlich musste ich einfach kichern. Diese Leute kannten sich zwar in ihren verwirrenden Gängen dieses Palastes aus, aber sie konnten einen Koffer nicht vom anderen unterscheiden. „Ich habe den falschen Koffer.", sagte ich, als ich mich wieder beruhigt hatte.

Irina zog die Stirn kraus und zeigte mir ein wunderschönes Lächeln, als es an der Tür klopfte und eine von Irinas Schwestern eintrat.

„Jemand hat die Koffer vertauscht", beschwerte sie sich in quengeligem Ton. Ich schnappte den Koffer und ließ mich von Irina in die einzelnen Zimmer führen, bis jede endlich ihren eigenen hatte. Wie sich herausstellte, hatte nur Abigail den richtigen Koffer gehabt. Ich hatte Melanies bekommen.

Ich packte endlich die Sachen aus und legte mein Lieblingskleid heraus. Es war zwar nicht das beste, was ich besaß, aber es war aus einem angenehm leichten Stoff und blaugrün wie das Meer. Es harmonierte, wie man mir gerne sagte, mit meinem hellen Haar und meinen Augen. Dann kamen zwei Mägde, die Eimer mit heißem Wasser schleppten und Irina führte mich in das neben ihrem Zimmer liegende kleine, geflieste Bad. Ich zog mich aus und ließ mich in die Wanne gleiten. Die Frauen fühlten die Wanne und schrubbten mir dann den Rücken und die Arme. Es war einfach nur angenehm. Sie wuschen mir das Haar und als es und ich getrocknet waren, zog ich das Kleid an, die passenden Strümpfe und schlichte, aus blauem Stoff hergestellte Schuhe mit Holzsohle, wie man sie nur in Karan in der westlichsten Region fand. Ich kämmte mir das Haar mit dem Hornkamm, den mir meine Großmutter mitgegeben hatte.

Schließlich packte ich meinen Koffer fertig aus. Ich nahm mir das Häkelmaterial zur Hand und betrachtete die Sonnenblume, die ich für meinen Bruder Michael vor dem Krieg angefangen hatte. Er war gefallen. Und ich saß jetzt hier, hatte in Ruhe gebadet, genoss den Frieden und freute mich auf das Abendessen.

Es kam mir verwerflich vor und als ich an ihn dachte, kamen mir die Tränen. Und sie kamen und kamen und wollten nicht mehr gehen. Ich schluckte sie, so gut es ging hinunter, nahm die Häkelnadel in die Hand und auf einmal wütend arbeitete ich an der Blume weiter.

* * *

Irina betrachtete das Mädchen neugierig. Es arbeitete schnell und gut. Nur fragte sie sich, was das für eine komische Blume wurde. So etwas hatte sie noch nie gesehen. Aber diese gelben Blätter sahen aus, wie ein Strahlenkranz. Auf einmal bemerkte sie, dass etwas mit Evelyn nicht stimmte. Das junge Mädchen weinte unverhohlen, sich seiner Tränen oder der Anwesenheit der kaiserlichen Schwester nicht bewusst. Irina schaute weg und machte sich an einem Brief zu schaffen, den sie einer Freundin im südlichsten Zipfel Yundaliens schicken wollte. Ihre Schwester hatte verboten, den Geiseln auch nur ein freundschaftliches Gefühl zu zeigen. Sie sollten nett und zuvorkommend sein, aber auch nicht mehr. Irina hielt sich an dieses Gebot, sosehr Evelyn sie auch dauerte.

* * *

Als ich endlich fertig war, hatte ich mich wieder beruhigt und es waren gut anderthalb Stunden vergangen, ohne dass ich es bemerkt hatte. Ich legte die fertige Arbeit beiseite und schaute nach meinen Materialien, ob das weiße Garn für Melanies Rose noch reichen würde. Ich schüttelte nachdenklich den Kopf. Dieser kleine Rest würde kaum reichen, aber ich wusste auch nicht, wo ich mehr weißes Garn herbekommen sollte. Hatte ich wirklich nichts mehr davon eingepackt?

„Wo hast du das nur gelernt?" Ich erschrak so heftig, dass Irina mich belustigt anschaute. Ich hatte vergessen, wo ich war.

„Meine Großmutter hat mir das beigebracht.", antwortete ich.

„Deine Großmutter ist bestimmt stolz, dass du es so gut kannst.", sagte sie und ich wusste, worauf sie hinauswollte.

„Ich kann dir gern eine Blüte machen, wenn du möchtest.", sagte ich.

Sie winkte ab. „Wenn ich etwas habe, möchten die anderen vier auch etwas haben. Wir haben uns mal versprochen, immer das Gleiche wie die anderen zu haben."

„Dann mach ich auch etwas für sie. Aber wie heißen deine Schwestern eigentlich? Und wie halten euch andere auseinander?"

„Die zweite Frage: Gar nicht. Sie hoffen, dass sie die richtige Schwester ansprechen. Erste Frage: Mazahra ist die älteste und Kaiserin, dann kommen unsere Brüder Marek und Ismail, dann wir Fünflinge - Irma, Irlana, Iriana, Iriza und ich - und schließlich Julin. Er ist nur wenige Tage jünger als wir. Mein Vater hat drei Frauen. Mazahra und Marek sind von der Ersten Frau im Haus, Maren, Julin von der Zweiten Frau Jusina und dann gab es unsere Mutter. Aber auch Maren und Jusina waren wie Mütter für uns, da sie die besten Freundinnen unserer Mutter sind.", erklärte sie.

Mir schwirrte der Kopf. „Dein Vater hat drei Frauen?", fragte ich nach, sicher, etwas nicht verstanden zu haben.

„Habe ich das nicht gerade gesagt? Bei euch ist das nicht so, oder? Ich habe gehört, dass eure Männer immer nur eine lebende Frau haben."

„Das stimmt.", antwortete ich kurzangebunden. ‚Lebende' Frau, wie das klang.

„Aber, wenn euer Vater noch lebt, wie kommt es dann, dass deine Schwester Kaiserin ist?", fragte ich neugierig. Bei uns übernahm der älteste Sohn den Platz seines Vaters, sobald er verstorben war. Sollte es so sein, dass der Junge zu klein war, wurde ein Regent eingesetzt, meist der Onkel.

„Vater ist blind und nicht mehr fähig, zu regieren. Also hat Mazahra die Bürde des Regierens auf ihre Schultern genommen."

„Aber warum nicht Marek?"

„Ich habe gehört, dass bei euch nur die Männer regieren dürfen und Frauen an ihrer Seite sitzen und zusehen. Aber bei uns gilt das Recht des Erstgeborenen, auch wenn es ein Mädchen ist. Marek ist zehn Jahre jünger als sie."

Ich seufzte. Ich hatte gar nicht gewusst, was für kulturelle Unterschiede mich hier erwarten würden.

Dann klopfte es. „Schwester? Seid ihr fertig?" Der Hauptmann stand in der Tür.

‚Schwester?', dachte ich verblüfft.

„Mein Bruder Ismail.", sagte Irina.

Ich machte einen Knicks, wie ich es gelernt hatte. Spöttisch verneigte sich Ismail. „Ich hoffe es gefällt Euch bei uns, Prinzessin.", sagte er.

„Ich bin keine Prinzessin.", berichtigte ich ihn sofort. „Mein Vater ist der Herzog von Raik und der drittmächtigste Mann nach dem König und seinem Bruder, aber ich bin keine Prinzessin, sondern ein Mädchen aus dem Hochadel."

„Dein Vater ist ein wichtiger Mann, also giltst du als Prinzessin, verstanden?" Er wurde gar nicht gern berichtigt, jedenfalls nicht in der Gegenwart seiner Schwester und muffelte mich deshalb an. Aber ich hatte gedacht, er wüsste es.

Er hatte sich rasiert, sein Haar war geschnitten und er trug feine Stoffe im gleichen Ton des beigen Kleides seiner Schwester. Eigentlich sah Ismail ziemlich gut aus. Ich folgte ihm und seiner Schwester aus dem Raum und den Gang entlang, den wir erst gegangen waren.

Auf der Kreuzung trafen wir die anderen Mädchen aus Karan, Irinas Schwestern, und noch zwei junge Männer, einer davon war der, der unsere Namen aufgeschrieben hatte. Den stellte Irina mir als Marek vor, der andere musste dann also Julin sein. Die Schwestern und Brüder der Kaiserin waren alle in beige gekleidet. „Heute ist ein Festbankett zu Ehren der Kaiserin und zu eurer Begrüßung, obwohl ich nicht weiß, was das bringt. Ihr seid keine Gäste, sondern Geiseln, vergesst das nicht.", sagte Julin, als wir vor dem Essensaal standen und darauf warteten, eingelassen zu werden.

Wir fünf schüttelten den Kopf. Wie sollten wir denn das vergessen? „Ihr seid heute die drittwichtigsten Leute in diesem Saal; das heißt, dass ihr vor uns eintreten werdet. Die Kaiserin ist schon anwesend. Ich hoffe, dass ihr wisst, wie ihr euch benehmen müsst."

„Wir sind zwar Fremde, aber keine Bauerntrampel.", fauchte Melanie ihn an. Sie wurde sich ihres Ranges in Karan wieder bewusst und wirkte sehr königlich.

„Entschuldigt bitte, Prinzessin." Es klang nicht spöttisch, der kalte Glanz ihrer Augen wich aber nicht von seinem Platz. Julin seufzte und klopfte leise an die Tür, eine Hälfte wurde geöffnet.

„Prinzessin Melanie Manuela DeSavin aus Raik, Tochter des Manuel DeSavin, König von Karan." Melanie ging voraus. „Prinzessin Abigail DeSavin, Prinzessin Annabelle DeSavin, Prinzessin Anastasia DeSavin aus Rhianæ, Töchter des Arthur DeSavin, Prinz von Rhianæ, Thronfolger des karanischen Königreiches." Die drei Schwestern gingen der Reihenfolge nach in den Saal.

Ich dachte mir, dass sie mir die größte Ehre erwiesen, wenn sie mich als Letzte gehen ließen, oder sahen sie uns als Gruppe? Dann stellte man mich vor. Wenigstens einer, der wusste, welchen Titel ich innehatte, aber sicher auch nur durch unsere Angaben einige Zeit vorher.

„Lady Evelyn Greyhawk aus Hallenstadt, Tochter des Herzogs von Raik."

Ich hoffte, dass ich nicht über mein Kleid stolpern würde, denn das würde ich mir nicht verzeihen. Dann ging ich durch die Tür und die Pracht, die in dem Saal anwesend war, erschlug mich beinahe. Ich ging an einem Mann, der vollständig in schwarz gekleidet war und einen schwer aussehenden Stab in der Hand hielt, vorbei die Treppe hinunter. Es waren die schwierigsten dreizehn Stufen, die ich jemals gegangen war. Aber ich schaute nicht auf meine Füße, sondern auf die am Fuß der Treppe wartende Gruppe.

Da waren die DeSavins, schauten gerade aus auf den Thron der Kaiserin und warteten nur darauf, dass ich zu ihnen stieß. Ich bewältigte die Treppen und ging dann an den neugierigen Menschen vorbei. Melanie setzte sich in Bewegung und wir folgten ihr alle. Sie drehte sich ein wenig zu Abigail um und sagte etwas zu den Schwestern, leise, dass keiner, auch ich nicht hörte, was sie sagte. Abigail drehte sich zu mir um und wiederholte die Nachricht. „Bleibt im Knicks, bis wir aufgefordert werden, etwas anderes zu tun."

Ich nickte. Ich hatte davon gehört, dass es hier Sitte war, nur kurz in der Verbeugung zu bleiben. Wir hatten etwas anderes gelernt, denn bei uns war es eine Ehrbezeugung, solange zu warten, bis man zum Aufstehen aufgefordert wurde. Ich hatte das öfters üben müssen, und ich war sicher, dass es meine Begleiterinnen noch besser konnten.

Wir hielten die Blicke zwar gesenkt, aber unsere Haltung war aufrecht und sicher. Jede von uns wusste, welchen Wert sie für Karan hatte und diesen vertraten wir. Melanie blieb stehen und wir folgten ihr. Wir schauten kurz auf, betrachteten das Gesicht der Kaiserin – sie war etwa so alt wie meine Mutter – und fielen dann in den bei uns üblichen Hofknicks. Ich hörte die Leute um mich herum murmeln, Abigail seufzte leise.

Dann, vielleicht nach einer oder zwei Minuten, hörten wir die erlösende Stimme der Kaiserin: „Steht bitte auf." Wir taten es. Keine Anstrengung zeichnete unser Gesicht.

„Wir freuen Uns, euch bei Uns begrüßen zu können. Wir hoffen, dass ihr eine angenehme Reise hattet?" Es schien eine rethorische Frage zu sein.

Aber Melanie antwortete mit leichtem Lächeln. „Wir können uns nicht beschweren, Eure Majestät. Ich darf Euch die besten Grüße unserer Eltern entgegenbringen."

„Wir danken dafür.", sagte die Kaiserin. Das war das Ende des kleinen Gespräches.

Melanie machte noch einmal einen kurzen Knicks, wir machten es ihr nach und folgten ihr auf die Seite. Dann wurden die einzelnen Geschwister der Kaiserin aufgerufen. Ihr Bruder Marek kam zuerst, dann Julin, und dann Ismail und die Fünflinge. Ich hörte gar nicht mehr zu, obwohl ich eine interessierte Miene aufsetzte.

Anschließend wurden wir an unsere Plätze geführt. Der Mann ganz in schwarz, der oben an der Treppe gestanden hatte, der Haushofmeister, setzte sich etwas später zu uns und teilte uns das Wichtigste mit, was wir beachten mussten. Es war eine Menge. Abigail schienen fast die Augen zuzufallen.

„Vielleicht versuchen sie es morgen noch einmal, mein verehrter Haushofmeister.", sagte der Mann, der neben Abigail saß. Ihn hatten wir noch gar nicht beachtet. Der Haushofmeister sah ihn streng an, seufzte dann aber und sagte zu ihm etwas auf yundalisch. Ich war zu müde, um mein Gehör anzustrengen und das Gesagte zu übersetzen.

Der Mann nickte und der Haushofmeister ließ uns in Ruhe weiter essen. „Ich bin Master James, der Lehrer der kaiserlichen Prinzessinnen. Jedenfalls war ich das. Jetzt wurde mir aufgetragen, mich um euch zu kümmern, damit ihr die Gepflogenheiten am Hof und unsere Sprache lernt. Der Haushofmeister hat mir aufgetragen, es euch morgen noch einmal selbst zu sagen." Wir nickten.

Abigail schloss jetzt schon für einige Augenblicke die Augen, öffnete sie dann aber wieder. „Am Besten, ihr geht zu Bett." Er winkte eine Dienerin herbei, die uns den Weg zu den Zimmern zeigen sollte. Wir verabschiedeten uns von Master James und folgten ihr hinaus.

Auf halbem Wege nahm Anastasia Abigail auf den Arm, denn ihre Schwester stolperte nur noch so dahin.

* * *

Master James betrachtete die Mädchen nachdenklich, als der Haushofmeister ihnen die Gepflogenheiten aufsagte. Die Kleine schlief schon fast, sah dass dieser Mann denn nicht? Heute erschien ihm der Haushofmeister noch unleidlicher als sonst. Wie konnte ein Mensch nur so eigennützig und selbstverliebt sein, wie dieser Mann? Er fragte sich auch, warum die Kaiserin ihn nicht endlich des Dienstes enthob, er kostete das Staatssäckel ein Haufen Geld. Aber sie schien mit seiner Arbeit zufrieden zu sein.

Er seufzte und stupste die Kleine neben sich an. „Vielleicht versucht Ihr es morgen noch einmal, mein verehrter Haushofmeister.", sagte er dann, erntete einen strengen Blick und einen spöttischen Kommentar, ehe dieser Mann endlich aufstieg und ging.

Dann schickte er die Mädchen zu Bett. Sie verabschiedeten sich artig. Auch ihm war die Parole, keine Freundschaften mit den karanischen Mädchen zu schließen, zu teil geworden. Aber er dachte nicht im Geringsten daran, sich auch an das Gebot zu halten.

Dafür war er ein zu guter und zu neugieriger Mensch. Vor allem das eine Mädchen mit dem hellen Haar und den glänzenden blaugrünen Augen schien irgendein Geheimnis zu haben. Aber es schien ihm auch, als wüsste sie selbst nicht, dass es da eines gab. Hatte er nicht ein farbiges Flattern in ihren Augen gesehen, für einen Augenblick? Er sah Gespenster. Hier war niemand, der seine wahre Identität aufdecken konnte, warum hatte er also vor dem kleinen Mädchen angst? Er merkte nicht, dass es nicht Angst war, was er fühlte, sondern Verbundenheit zu einer seiner Art.

* * *

Dies ist ein Versuch. Ich habe diese Geschichte mal vor ewig langen Zeiten geschrieben und sie ist soweit fertig. Aber ich habe mir dieses Jahr vorgenommen, sie umzuschreiben und meinem fünf Jahre älterem Ich anzupassen. Wenn ihr diese Geschichte gelesen habt, hinterlasst mir doch bitte eine Review oder schreibt mir eine PM. Ich würde gerne wissen, was euch gefällt und was euch stört, Verbesserungsvorschläge und ob ich die restlichen Kapitel veröffentlichen soll.

Ich wünsche euch auch einen guten Rutsch ins neue Jahr, Glück, Gesundheit und Erfolg auf allen Wegen, eine allzeit spitze Feder und nie austrocknende Tinte.

Eure Lillia